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InsightArt Beispiele

Im Folgenden wird der InsightArt Prozess an einem Beispiel aus der Praxis veranschaulicht (hier anhand eines Innovationsprojekts im Bereich Gesundheitstourismus: Da es sich um ein eigenfinanziertes Kooperationsprojekt mit einer Hochschule handelt, kann es hier ausführlich dargestellt werden). Weitere Beispiele und Einsatzbereiche werden nur sehr verkürzt und anonymisiert vorgestellt, da sie im Kundenauftrag erfolgten. Die Beispiele zeigen, dass der Prozess in der Praxis vielschichtig sein kann und an die jeweilige Aufgabe flexibel angepasst werden muss.

Beispiel Gesundheitstourismus

Forschungsphase

Das übergeordnete Forschungsthema war: Gesundheitsurlaub für Selbstzahler. Es wurden 20 Tiefeninterviews durchgeführt. Dabei wurden die Teilnehmer über ihre Erfahrungen mit Gesundheitsurlaub (von Wellness über Kur bis REHA) befragt und nach ihrer Bereitschaft für die Buchung eines Gesundheitsurlaubs auf eigene Kosten. Darüber hinaus wurden auch die Themen Gesundheit/Krankheit, Arbeit/Urlaub ausführlich besprochen, im Kontext mit dem gesamten erlebten Alltag. Bei den Interviews wurde mit dem sinnlichen Forschungsverfahren Phantomskribbling gearbeitet. So sollten die Teilnehmer z.B. Gesundheit und Krankheit jeweils als Landschaft beschreiben und einen typischen Gesundheitsurlauber im Vergleich zu sich selbst, wenn sie einen Urlaub machen, der aus ihrer Sicht „gesund“ ist.

Aus den Interviews wurde der psychologische Code ermittelt (siehe auch im Menü: psychologische Forschung):

Möglichst jung und immer schön fit bleiben (Jugendlichkeitsdiktat unserer Kultur) – oder extremer formuliert:
Der Wunsch nach ewiger Jugend und damit auch nach Unsterblichkeit

Darüber hinaus wurden verschiedene Umgangsformen identifiziert:

  • Unbedarfter (weiß)
  • Ausgebrannter (schwarz)
  • Selbstoptimierer (rot)
  • Unzufriedener (gelb)
  • Patient (blau) – diese Umgangsform wurde nicht weiter verfolgt, weil es sich hier i.d.R. nicht um Selbstzahler handelt
  • Unentschlossener (violett)
  • Achtsamer (grün)
  • braun fehlte

Im Folgenden wurden Fokusgruppen durchgeführt, zu denen jeweils Teilnehmer einer Umgangsform (ermittelt mithilfe eines Fragebogens) geladen wurden.

In den Gruppen wurde in einer offenen Diskussion die jeweilige Umgangsform noch einmal genauer unter die Lupe genommen. Es wurde Co-Design durchgeführt: Jede Gruppe erstellte ein Wunsch-Werbeplakat. Zusätzlich wurden Wünsche, Visionen und Ideen für einen passenden Gesundheitsurlaub mithilfe von einfachen Kreativitätstechniken (z.B. Morphologische Tabelle) ermittelt.

Wunschplakat Unbedarfter: 

Es sieht mehr nach einem normalen Urlaub aus

Wunschplakat Selbstoptimierer:

Auch mit 83 Jahren ist man noch fit wie eine Jugendliche

Wunschplakat Achtsamer:

Gesundheit heißt Sinnfindung und Sinnlichkeit

Wunschplakat Unzufriedener:

Der Unzufriedene möchte sein Hamsterrad verlassen. Er weiß aber nicht, was er sich für einen gelungenen Gesundheitsurlaub wünscht, außer der Farbe „hellgrün“.

Der Unzufriedene wurde als Haupt-Zielgruppe für die folgende Ideenentwicklung gewählt, weil er als aussichtsreiche Zielgruppe galt: Grundsätzlich kommt ein Gesundheitsurlaub für ihn infrage, er kann eine solche Auszeit vom Alltag auch gut gebrauchen und man kann ihm hier Inspiration bieten.

Innovationsentwicklung

Zuerst wurde die („gelbe“) Umgangsform konkretisiert, um eine bessere Ausgangslage für die kreative Fragestellung zu erhalten.

  • … eine Auszeit vom „Hamsterrad“ des Alltags
  • … Inspiration aus dem Urlaub mitzubringen, eine Anregung, um den Alltag langfristig anders gestalten zu können
  • … einmal im Mittelpunkt zu stehen

Konzeption eines zweitägigen Workshops 

Ziel des Workshops: Für Destinationen aus einer bestimmten Region neue Produkte für Gesundheitstourismus entwickeln

Als Schwerpunkt-Ideenschlüssel für die Auswahl / Entwicklung von Kreativitätstechniken wurden vor allem die Antipolation und die Alternative gewählt. Die Ideen sollten vor allem an der Schraube „Umgangsform“ ansetzen mit dem Ziel, die Umgangsform „grüner“ werden zu lassen. Was die grüne Umgangform bereits lebt – entspannte Ausgeglichenheit mit dem Thema Gesundheit – war bei der gelben Umgangsform das, was besonders fehlte.

Es wurde eine Persona für den Unzufriedenen entwickelt (und „Elke“ genannt).

Darüber hinaus wurden die Teilnehmer gebeten, einen Fragebogen zu den Bedingungen vor Ort auszufüllen (Welche Sehenswürdigkeiten, Gastronomie, Gesundheitseinrichtungen etc. gibt es in der Region). Diese wurden ausgewertet und in einer Liste zusammen gefasst.

Kreativitätstechniken für den Workshop

Es werden im Folgenden zwei der etwa 7 durchgeführten Techniken vorgestellt.

Technik: Gegenteil (siehe Kreativtechniken für den Ideenschlüssel: Antipolation)

Zum Wunschplakat des Werbeplakats des Unzufriedenen wurde im Workshop ein Gegenplakat entwickelt, das anstelle des selbst entworfenen Plakats der Unzufriedenen passen könnte, das von ihnen selbst nur „grün“ gestaltet wurde. Dafür wurden zuerst konkrete Phänomene für „Hamsterrad“ gesammelt, z.B. der Wecker, der jeden morgen klingelt oder das Handy. Es wurden dann Antibilder dazu entwickelt und auf dem Gegenplakat zusammen gebracht. Das neue Plakat diente dann als Anregung für Ideen.

Technik: Better place / time / thing  (siehe Kreativtechniken für den Ideenschlüssel: Alternative)

Zuerst wurden gemeinsam inspirierende Orte, Tätigkeiten, Kulturprodukte etc. gesammelt, z.B. Villa Kunterbunt, Zeitreise, Literatur, Sissi etc. Diese Begriffe wurden mit den Begriffen aus der Liste kombiniert, die zuvor aus dem Fragebogen der Bedingungen vor Ort (s.o.) zusammen gestellt wurde. Kombinierte Begriffe waren z.B.:

  • Sissi-Pilgerweg
  • Grotten-Literatur
  • Wildnis-Bibliothek
  • Atemwegs-Kunst
  • Fahrrad-Zeitreise
  • 1001 Schönheits-Nacht
  • Holodeck-Frühstück
  • Münchhausen-Fotografie
  • Hippi-Handwerk
  • etc.

Diese Kombinationen dienten als Anregung für Ideen.

Konzeptentwicklung

Aus den einzelnen Ideen und Ideenansätzen wurden in Kleingruppen drei Gesamtkonzepte entwickelt. Hier wurden Ideen aus den verschiedenen Techniken zusammen gefügt.

  • Fahrrad Zeitreise: eine Art Slow-Motion Fahrradtour in der Gruppe (mit Gleichgesinnten) in gemütlicher Fahrweise und inspirierenden Stationen auf der Reiseroute
  • Hippi-Resort: ein Hüttendorf im Wald, betreut von einem „Hippi“ als eine Art Herbergsvater. Hier lebt man alternativ, lernt aus der Natur, lässt sich von verschiedenen kreativen und naturnahen Workshops inspirieren, aber das Ganze entspannt
  • Für-mich-Wellness-Wochenende: Verwöhnwochenende auf einem Hausboothotel, bei dem das Bedürfnis des Unzufriedenen, mal mehr im Mittelpunkt zu stehen, in besonderer Weise aufgegriffen wird

Darüber hinaus gab es noch viele Ideenansätze, die nicht in die Gesamtkonzepte flossen, aber für spätere Konzeptentwicklung aufgegriffen werden können.

Als Resultat entstanden damit Konzepte, die gezielt am Lebensgrundgefühl einer bestimmten Zielgruppe andocken. Erst durch die Analyse und Beschreibung des psychologischen Codes und der Umgangsformen, die Anwendung der Ideenschlüssel in Bezug auf einen potentialstarken Typus und das Einweben dieser Insights in die Kreativtechniken konnten im Workshop frei und ungezwungen Ideen speziell für „Elke“ entwickelt werden.

Weitere Beispiele und Einsatzbereiche

Weitere Beispiele (hier nur in Auszügen und teils auch verfremdet dargestellt – sie sollen nur die Einsatzgebiete verdeutlichen) sind:

  • Die Entwicklung einer neuen Tarif-Mechanik im Bereich Mobilfunk: Grundlage war eine Studie zum Mobilfunkverhalten der Nutzer und des Stellenwerts von „Tarifen“ für ihren Alltag. Hier wurde direkt am psychologischen Code als zentraler Stellhebel angesetzt. Die Ideen drehten sich letztendlich darum, möglichst weitreichend ein für den Konsumenten unliebsames Produkt komplett abzuschaffen, dem Unternehmen aber gleichzeitig neue Absatzmöglichkeiten zu eröffnen (eine dieser Ideen wurde dann umgesetzt und bis heute erfolgreich vermarktet)
  • Die Entwicklung neuer Werbeformen für den sog. „red button“ bei Smart TVs, z.B. neue interaktive Mitmach- und Spielformen zu passenden TV-Formaten – da die Forschung ergab, dass es im Produktbereich v.a. um ein Gefühl von Selbstwirksamkeit geht
  • Entwicklung von Optimierungsideen für Themen und Look&feel einer traditionellen Nachmittags-TV-Sendung
  • Psychologische Grundlage und Ideenansätze für Mikro-Versicherungen. Was macht die spezielle Attraktivität von Mikro-Versicherungen aus und welche Suchfelder sind erfolgversprechend
  • Die Entwicklung von Werbeentwürfen für einen Hersteller von Haushalts-Reinigungsgeräten. Es wurde nur eine sehr kleine Studie durchgeführt, die aber zeigte, dass es im Produktbereich Fegen, Schrubben und Putzen auf unbewusster Ebene immer auch um die Markierung des eigenen Territoriums geht. Die Werbeentwürfe greifen diese Wünsche auf und rationalisieren sie zugleich
  • Psychologischer Code und Desktop Ideenentwicklung für das Servicedesign entlang der Customer Journey von Erlebnisangeboten
  • Die Entwicklung einer neuen Vermarktungs-Strategie im Bereich Medizin-Produkte, die auf den ersten Blick kontraproduktiv erscheint, da sie potentiellen Kunden attestiert, das entsprechende Produkt nicht zu benötigen. Dafür wird aber ein fast blindes Vertrauen in den Anbieter aufgebaut, das sich in der Folge positiv auswirkt
  • Markendifferenzierung über Designcodes zweier Marken mit (fast) identischem Angebot. Ideenentwicklung für die Schärfung der jeweiligen Marke
  • Design-Entwicklung für die Verpackung eines neuen Produktes im Bereich Hautpflege (variiert nach verschiedenen psychologischen Zielgruppen), anhand ermittelter psychologischer Design-Codes
  • Entwicklung von Design-Codes für Fotomotive (diverse Medien) für ein Versicherungsunternehmen. Welche Probleme und Verheißungen sollten angesprochen werden und mit welchen konkreten Bildmotiven ist das möglich
  • Positionierungs-Ideen eines Joint venture. Chancen und konkrete Ideen, die sich die Verbindung der beiden (jointed) Unternehmensbereiche zunutze machen und dazu passende Produkte und Kommunikationsstrategien
  • Produktideen für neue Arten von Damenhandtaschen. Hier wurde auch intensiv mithilfe der Verfahren Beobachtung (Umgang mit Handtaschen) und Phänomenskribbling (Inhalt und Aussehen von Handtaschen, sowie Trageformen) gearbeitet und bei der Ideenentwicklung durch alle Ideenschlüssel der psychologische Code des Zwiespalts zwischen Repräsentation und „Seelenkeller“ als Dreh-und Angelpunkt genutzt
  • Für die Sportart Squash wurden die zentralen Stellhebel ausfindig gemacht, um die „vergessene“ Sportart wieder zu beleben. Hierbei ergaben sich im wesentlichen zwei „Farben“ (rot und blau) im Umgang mit dem Sport, von denen eine bisher im Marketing vernachlässigt wurde. So ist z.B. für Vereinsspieler Squash stärker eine archaische Kampfsportart (ein roter Umgang), während Hobbyspieler im Sport stärker einen Gesundheits-Smoothie sehen (ein blauer Umgang). Hier liegen ungenutzte Potentiale, die derzeit von uns in einer Marketing-Strategie zusammen mit dem DSQV (dem Squash-Bundesverband) erarbeitet und umgesetzt werden
  • u.v.m.

InsightArt „light“

Es ist auch möglich, InsightArt nur mit „kleinem Besteck“ durchzuführen.

Mehr

  • Die notwendige psychologische Grundlage lässt sich auch mit geringem Aufwand und in kürzester Zeit erarbeiten (z.B. mit zwei Kleingruppen und ein bis zwei sinnlichen Verfahren)
  • Man kann anstelle der Durchführung einer Studie auch vorliegende Ergebnisse analyisieren und den zugrundeliegenden psychologischen Code herausstellen – ggf- ergänzt durch zwei Visionsanalyse-Gruppen, um an das visuelle Forschungsmaterial zu kommen
  • Bei der Ideenentwicklung kann man sich auch auf eine der ermittelten Umgangsformen beschränken
  • Hat man zu wenig Forschungsmaterial, um überhaupt verschiedene Umgangsformen voneinander unterscheiden zu können, kann man auf Basis der Farben mögliche Umgangsformen hypothetisch „konstruieren“ (aber Achtung, diese sind dann nicht abgesichert und man weiß auch i.d.R. nicht, wie sie sich für den jeweiligen Produktbereich konkretisieren lassen! – man sollte dann auf jeden Fall einen Blick auf den Markt werfen, welche Produkte in dem Bereich schon angeboten werden)
  • Man muss auch keine Workshops durchführen (manchmal scheitert dies auch an den Möglichkeiten beim Auftraggeber) und auch keine Kreativitätstechniken selbst entwickeln, sondern kann sich an der Ideenschlüssel-Frageliste (siehe unter Menü: Kreativtechniken: Eigene Techniken entwickeln) orientieren, und in einem kleinen Team oder sogar alleine Ideen entwickeln

Auch dieses „kleine Besteck“ kann schon viel bewirken.

InsightArt kann auch in verschiedenste (bestehende) Innovations-Kulturen in Unternehmen „eingebaut“ werden. Als hocheffiziente Innovationsmethode hilft sie v.a. immer dabei, ggf. überflüssige Versuch- und Irrtum-Schleifen zu vermeiden und damit Innovationsprozesse zu verschlanken.

Ansonsten gilt aber: Je umfangreicher und detailierter die Forschung, desto sicherer lässt sich der psychologische Code ermitteln und  die verschiedenen Umgangsformen identifizieren und desto konkreter beschreiben und voneinander unterscheiden. Hat man viel sinnliches Material aus einer umfangreichen sinnlichen Forschung, ist die Inspirationsgrundlage mächtiger und man hat mehr konkrete Hinweise auf die konkrete Ausgestaltung von z.B. neuen Produktdesigns oder einer neuen Werbekampagne. Geht man auch in der Ideenentwicklung umfangreich vor, indem man jede Umgangsform über alle Schlüssel hinweg betrachtet, ist nicht nur die gesamte Ausbeute an neuen Ideen größer, sondern auch die Chance auf besonders ungewöhnliche und besonders erfolgversprechende Ideen.