Techniken für Optimierung

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Kreativtechniken für den Ideenschlüssel: Optimierung

Die Kreativtechniken zum Schlüssel Optimierung sind darauf ausgerichtet, ein vorhandenes Produkt oder eine Webseite etc. zu verbessern. Verbessern ist hier jedoch nicht im herkömmlichen Sinn gemeint. Oft geht man davon aus, dass ein Produkt dann grundsätzlich besser ist, wenn es bequemer ist, weniger Energie verbraucht oder schneller ist. Orientiert man sich am psychologischen Code, bedeutet besser jedoch, dass es bezogen auf den Code besser ist. Geht es bei einem Produkt z.B. eher um die Entschleunigung des Lebens, kann „besser“ dann auch langsamer bedeuten. Ein sportliches Gesundheitsprodukt für einen Leistungssportler sollte auch nicht bequemer sein.

Schöpft man beim Autofahren den Spaß daraus, dass man selbst durch die Kurven lenkt oder auch mal aggressiv aufs Gaspedal tritt, ist das selbstfahrende Auto psychologisch keine Verbesserung, auch wenn es technisch noch so raffiniert ist. Das selbstfahrende Auto könnte aber als Metapolations-Idee funktionieren, richtet sich dann aber an andere Zielgruppen, z.B. Menschen, die heute Bahnfahren bevorzugen als eine Art privat-öffentlichliches Verkehrsmittel.

Verbessern heisst bei Ideen, die sich an der Konsumentenpsychologie ausrichten, die zugrundeliegenden Bedürfnisse der Konsumenten besser zu erfüllen und sie besser bei ihrem bevorzugten Umgang mit dem Produkt zu unterstützen. Das schliesst allerdings auch nicht aus, dass eine technische Verbesserung auch gleichzeitig eine psychologische Verbesserung bedeuten kann. Verbesserungen sind nur möglich bei Produktgruppen, die noch „Fans“ haben. Man kann für jede Farbe (siehe Farben des Umgangs im Menüpunkt: Analyse) optimieren.

Die Techniken werden im Laufe der Zeit noch erweitert. Es lohnt sich also, ab und zu hier vorbei zu schauen!

Lösungs-Inspiration

Es werden zuerst bestehende Lösungen aus dem eigenen Bereich recherchiert, z.B. Lösungen der Konkurrenz oder Lösungen aus der Vergangenheit, oder bestehende Patente, die man jedoch nicht verletzen darf. (Man kann auch Lösungen aus ganz anderen Bereichen nehmen, z.B. aus der Natur wie bei der Bionik oder andere Branchen / Fachbereiche, befindet sich dann aber schon mehr im Schlüssel „Alternative“, siehe Techniken dort).

Diese Lösungen werden dahingehend überprüft, was an dieser Lösung gut ist und was noch nicht optimal ist (bezogen auf den psychologischen Code). Bei dieser Überprüfung kann auch helfen, sich z.B. zu fragen, warum angedachte Ideen z.B. in der Vergangenheit nicht durchführbar waren oder warum sie sich nicht durchgesetzt haben. Was stimmt an den vorhandenen Produkten nicht, oder was stimmte an den Flops aus der Vergangenheit nicht, obwohl sie doch eigentlich wie gute Ideen erschienen? …

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Je nach Thema können hier Konstruktionsskizzen helfen, bei denen man den besonderen Vorteil der Lösung gestalterisch hervor hebt und ihn ggf. auch aus verschiedenen Ansichten darstellt. Gleichzeitig sollten auch Skizzen des eigenen Produktes, das verbessert werden soll, vorliegen.

Die fremden Lösungen / Lösungsversuche werden als Inspiration für die Ideenentwicklung genutzt. Dafür hängt man die Konstruktionsskizzen wie in einer Ausstellung an die Wand. Im ersten Schritt wählen die Teilnehmer diejenigen Lösungen aus, die ihnen interessant erscheinen. Das eigene Produkt wird dann so umkonstruiert (als Zeichnung), dass die fremde Lösung zunächst übernommen wird. Im nächsten Schritt müssen die Lösungen noch soweit modifiziert werden, dass es sich nicht um Ideen-Diebstahl handelt.

Optimierungs-Pyramide

Die Optimierungs-Pyramide ist so aufgebaut, dass man von einem idealen Ergebnis zur Lösung eines Problems (zwecks Optimierung) ausgeht und die Ansprüche schrittweise herunter schraubt. Das bewirkt, dass man sich zuerst mit den großen Ideen / Lösungen beschäftigt und nicht von Anfang an bescheiden bei den kleinen, einfachen und realistischen Möglichkeiten verbleibt. Es dient also der Erweiterung des Horizonts, um dann am Ende aber doch zu realistischen Lösungen zu kommen.

Man überlegt und formuliert als erstes, wie ein absolut ideales Resultat aussehen oder beschaffen sein müsste. Dieser erste Schritt gehört eigentlich zum Schlüssel Ideal-Fiktion, weil es hier auch möglich ist, unmögliche / völlig unrealistische Forderungen zu stellen. Ideen werden an dieser Stelle aber noch nicht entwickelt…

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Zuerst formuliert man ausgehend vom idealen Resultat ein abgemildertes Ziel: Das beste Resultat, das (grundsätzlich) möglich erscheint, auch wenn es in der aktuellen Lage nicht wirklich möglich ist. Man entwickelt nun zunächst abstrakte Ideen zum besten Resultat, z.B.: einen Akku, der sich nie ganz entläd, bzw. sich von selbst wieder aufläd, aber ohne eine konkrete Idee, wie man das technisch lösen könnte.

Im nächsten Schritt schraubt man die Ansprüche noch weiter herunter. Aus dem besten Resultat formuliert man ein gutes (realistisches) Resultat, das auch möglich ist. Die sehr guten möglichen Ideen / Lösungen für diese Resultat entwickelt man aus den abstrakten Ideen / Lösungen des besten Resultats. Diese dienen als Inspiration.

Im letzten Schritt kann man die Ansprüche noch weiter senken und nach einem konkreten Resultat suchen, das sich auch in einem überschaubaren Zeitraum umsetzen lassen würde. Für die konkreten Ideen lässt man sich dann von den sehr guten möglichen Ideen / Lösungen inspirieren. Die sehr guten möglichen Ideen kann man jedoch nutzen, um als längerfristiges Ziel zu dienen.

Designideen: Bei Ideen, die auch etwas mit einem sichtbaren oder fühlbaren etc. Design zu tun haben oder einer Prozess-Choreografie, bietet sich das Arbeiten mit Skizzen / Konstruktionszeichnungen an.

Höher-Schneller-Weiter

Im technischen Bereich lässt sich teils festlegen, wann ein Produkt optimiert ist. Es sollte kleiner sein als zuvor, leistungsstärker, weniger Energie verbrauchen und billiger werden. Man kann das jedoch nicht auf alle Bereiche übertragen. Eine Wohnung ist z.B. optimaler, wenn sie größer ist und eine Fitnessmethode, wenn sie möglichst viel (menschliche) Energie verbraucht. Eine Optimierung kann auch darin bestehen, dass ein Angebot besser auf eine bestimmte Verfassung angepasst ist (siehe Menüpunkt: Analyse), z.B. die Handhabung sich in einer Situation, in der der Nutzer in der Regel nach Entspannung sucht, noch entspannter gestaltet. Im ersten Schritt dieser Technik geht es daher darum, die Optimierungsfaktoren bezogen auf den psychologischen Code zu identifizieren und aufzulisten. Welche sind genau die Faktoren, die in diesem Fall eine Optimierung versprechen?

Man nimmt sich im zweiten Schritt jeweils einen der Faktoren aus der erstellten Liste vor und entwickelt Ideen, um die Optimierung dieses Faktors zu erreichen. Hilfreich kann dabei folgende Vorgehensweise sein:

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  • Zuerst entwickelt man freie Idee zum jeweiligen Faktor, z.B. mit Brainstorming oder Brainwriting
  • Dann nimmt man sich die Bedingungen näher unter die Lupe: Was verhindert, dass man es z.B. kleiner machen kann? Man identifiziert so die Knackpunkte und grenzt das Problem enger ein
  • Im nächsten Schritt formuliert man diese Knackpunkte allgemeingültig, sodass sie ebenso gut auf ganz andere Produkte zutreffen könnten. Man formuliert z.B. einen Widerspruch oder eine Art Verhinderungs-Regel, z.B.: „Wenn Bauteile für ihre Funktionstüchtigkeit eine bestimmte Mindestgröße benötigen, lässt sich das Gesamte nicht verkleinern“. Man sollte hier verschiedene Formulierungen erstellen, auch immer eine positiv formulierte: „Würde ein bestimmtes Bauteil bei Verkleinerung nicht in seiner Funktionstüchtigkeit eingeschränkt, könnte man das Ganze verkleinern“
  • Durch die allgemeine Formulierung schafft man sich Ansatzpunkte für die Ideenentwicklung. Dabei sollte man im nächsten Schritt genau analysieren, welche Ansatzpunkte sich ergeben: Man könnte z.B. das störende Bauteil durch ein anderes ersetzen. Vielleicht könnte man aber auch ganz darauf verzichten. Möglicherweise ist es gar nicht so schlimm, wenn es nicht mehr ganz so funktionstüchtig ist. Vielleicht kann man die Funktion von einem anderen Bauteil übernehmen lassen? Wenn man z.B. nicht genügend Speicherplatz auf einem Gerät hat, kann man zusätzliche Speicherkarten nutzen oder die Daten auf eine Cloud auslagern
  • Durch die allgemeingültige Formulierung kann man sich auch hier wieder Analogien zur Hilfe nehmen. In welchen anderen Bereichen hat man es mit einem ähnlichen Knackpunkt zu tun und wie löst man es dort?

Man sollte sich also zuerst vom konkreten Problem lösen, für das verallgemeinerte Problem Lösungs-Ideen entwickeln und dann wieder zum konkreten Thema zurück kehren, um die gefundenen allgemeinen Lösungs-Ideen auf das konkrete Problem zu übertragen.

Hat man für verschiedene Knackpunkte Lösungen gefunden, muss man noch überlegen, ob die Lösungen zusammen passen. Es könnte auch sein, dass die Lösung des einen Knackpunktes die Lösung eines anderen verhindert oder sogar das Problem verschärft. Im letzten Schritt gilt es also, aus den verschiedenen Einzellösungen ein stimmiges Gesamt-Ideenkonzept zu entwickeln.

Mangelhaft!

Hier widmet man sich den Mängeln, entweder des Produktes/ Produktgruppe / Designs, für das man neue Ideen entwickeln möchte. Oder man kann diese Technik später auch anwenden, um die Mängel der schon entwickelten Ideen zu beseitigen, oder zumindest abzumildern. Zuerst werden alle Mängel heraus gesucht und aufgelistet und dabei auch das Haar in der Suppe nicht vergessen! Welche Komponenten sind suboptimal / fehlerhaft / nicht vorhanden oder widersprechen den Anforderungen etc.?

Man kann hier auch verschiedene Arten von Mängeln gesondert auflisten: Mängel, die den psychologischen Code betreffen (bezogen auf die anvisierte Zielgruppe), die Verfassung (siehe Menüpunkt: Analyse), technische Mängel, Mängel der Usability und Mängel, die etwas mit der Realisierbarkeit zu tun haben (bei der Überprüfung von Ideen), z.B.: Die Herstellungskosten sind zu hoch.

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Mängel sind wenig sympathisch und man übersieht sie daher gerne. In der Kundenkommunikation lässt man sie natürlich auch am besten unerwähnt. Für die Ideenentwicklung ist es jedoch hilfreich, wenn man die Brisanz der Mängel eher erhöht. Dazu dient Folgendes:

  • Die Mängel eher übertrieben scharf formulieren
  • Drüber nachdenken, welche aller schlimmsten Folgen die Mängel jeweils haben können, wenn man sie nicht beseitigt

Zur Vorbereitung ist zusätzlich wichtig, dass man genau definiert, wo die Mängel genau liegen, also durch was sie genau verursacht werden. Darüber hinaus ist es hilfreich, genau zu überlegen und zu notieren, was wie besser wird, wenn man die Mängel jeweils beseitigt. Die Mängelformulierung, schlimme Folgen, Verursacher und Verbesserungen kann man für jeden Mängel auf eine Art Steckbrief-Karte schreiben.

Exkurs Problemformulierung: Um ein Problem konkreter zu spezifizieren, kann man sich mit Warum- und Inwiefern- und Wie- Fragen behelfen, z.B. (Thema touristisches Ausflugsziel): Der Wald inspiriert nicht genug. Warum nicht? Er hat nichts Besonderes, was jeder andere Wald nicht ebenso gut hat. Inwiefern nichts Besonderes? Es ist keine besondere sinnliche Attraktion… etc. Achtung! Bei der Spezifizierung des Problems ist zu bedenken: Je spezifischer man es formuliert, um so weniger verschiedene Lösungen sind möglich. Durch die Spezifizierung wird der Möglichkeitsraum eingeschränkt. Es ist also immer genau zu überlegen, wie weit man ggf. die Spezifizierung des Problems voran treibt, oder doch lieber mit einem eher abstrakt und schwammig formuliertem Problem arbeitet.

Als nächstes bewertet man die Mängel danach, wie schlimm sie vermutlich in ihren Folgen sind. Bei der Reihenfolge der Bearbeitung sollte man mit dem schlimmsten Mängel anfangen.

Für die Ideenentwicklung selbst gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Man kann mit einfachem Brainstorming / Brainwriting anfangen
  • Geschlossene Welt: Als Apollo 13 ein Problem an Houston meldete, war die Grundlage für eine Problemlösung nicht sehr üppig. Man konnte nicht mal eben in den nächsten Baumarkt, um z.B. Ersatzteile zu besorgen oder Werkzeuge. Man war auf die Mittel angewiesen, die man zur Verfügung hatte. Die geschlossene Welt-Technik beengt das Möglichkeitsfeld absichtlich, um die Ideenausbeute zu erhöhen. Hat man nur sehr wenige Möglichkeiten verfügbar, konzentriert man sich in der Regel stärker auf diese wenigen Möglichkeiten, taucht mehr ein und holt dann mehr aus jeder Möglichkeit heraus. Man kann z.B. damit anfangen, dass man nur die Dinge, die im Raum vorhanden sind, als verfügbar betrachtet. Etwas weiter kann man Verfügbares als das definieren, was im Unternehmen schon vorhanden ist.
  • Universum: Hier macht man genau das Gegenteil der geschlossenen Welt. Man geht davon aus, dass man alles verfügbar hat und auch Geld und Zeit keine Rolle spielt. Übertreibt man es hier maßlos, befindet man sich allerdings im Schlüssel „Ideal-Fiction“, was aber übergangsweise nicht tragisch ist. Man muss nur die Ideen später wieder auf ein realistisches Maß herunter dampfen. Man kann aber hier auch von vornherein die Einschränkung machen, dass es sich nur um einigermaßen realistische Verfügbarkeiten handeln darf.
  • Problembehandlungen anwenden, siehe unten.

Abschließend muss man noch überprüfen, welche der Mängelbeseitigungen man gleichzeitig sinnvoll realisieren kann, denn die Beseitigung des einen Mängels kann die Beseitigung eines anderen unmöglich machen oder an anderer Stelle eine Verschlimmerung bewirken. Man sucht nun also ein Set an Lösungen, das insgesamt am besten die Mängel beseitigt. Dafür muss man hier und dort auch mal Kompromisse eingehen und vielleicht für ein weniger brisantes Problem mit einer nicht ganz so tollen Lösung vorlieb nehmen.

Tabula rasa

Wenn Sie schon über viele Jahre hinweg mit einer bestimmten Software arbeiten, kennen Sie das Problem vielleicht. Von Version zu Version kommen neue tolle Funktionen hinzu. Diese werden in irgendwelche Menüs hinein gebastelt und von Version zu Version wird das Ganze zunehmend zu einem Flickwerk. Als ständiger Nutzer muss man immer nur die Neuerungen lernen, sodass es einem oft gar nicht so auffällt. Für Neueinsteiger in das Programm wird es aber nahezu unmöglich, sich hinein zu arbeiten. Die Bedienbarkeit ist das Gegenteil von intuitiv.

Da hilft nur eins: Tabula rasa! Noch einmal ganz von vorne anfangen. Damit riskiert man jedoch, dass man sich die geübten Nutzer vergrault …

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Ganz neu anfangen ist gar nicht so einfach. Eigentlich bräuchte man dazu eine Amnesie, weil man zu sehr gefangen im Bekannten ist. Daher der erste Tipp zur Durchführung dieser Technik: Laden Sie dafür Teilnehmer ein, die sich mit dem Produkt gar nicht auskennen, aber ggf. ein Interesse daran haben könnten. Suchen sie sich also „Naive“ und nehmen Sie das, was sie vorschlagen, ernst.

Weitere Tipps

  • Versuchen Sie sich aber auch selbst in eine Lage zu versetzen, in der es das Produkt noch nicht gab. Stellen Sie sich z.B. vor, dass der Computer gerade erst erfunden wurde und Sie die allererste Software in diesem Bereich (z.B. Grafikprogramm) entwickeln.
  • Gehen Sie radikal konsequent vom Nutzer aus. Hier ist es natürlich absolut wertvoll, wenn Sie solche Nutzer im Forschungsprozess befragt haben, oder auch – noch besser – potenzielle Nutzer. Beispiel: Designer / Grafiker sind es gewohnt mit Software zu arbeiten. Künstler sind diesbezüglich oft jedoch recht unbedarft. Da sie aber ähnliche Ziele haben (nicht dieselben!), können sie als „Naive“ taugen und wertvollen Input liefern. Überlegen Sie also in ihrem Bereich, ob es auch „Naive“ gibt.
  • Das Lernen vom Nutzer sollte hier jedoch grundsätzlich Pate stehen. So sollte man sich im Forschungsprozess z.B. von Designern ausführlich beschreiben lassen, welche Funktionen sie besonders mögen, oft benutzen, hilfreich finden oder was sie nervt und sie immer wieder drüber nachdenken müssen, in welchem Menü sie diese „verdammte“ Funktion denn wieder finden. Sie können darüber auch heraus finden, wie viele Schritte es braucht, um ein Ziel zu erreichen. Wie würde sich ein Designer das optimal vorstellen? Hier kann es jedoch u.U. auch hinderlich sein, jahrelange Nutzer des Programms zu fragen, denn die haben sich an die Umständlichkeiten schon zu sehr gewöhnt.
  • Umweg über Improvisation: Auf einer einsamen Insel, in der Wüste, in den kanadischen Wäldern oder auch in einem sog. Entwicklungsland sind Sie mitunter in der Situation, in der die hier vorhandenen Mittel fehlen. Das können Sie nutzen und im Ideenentwicklungsprozess entsprechende Fragen stellen: Wie würden Sie das Problem in der Wüste lösen, z.B. ein Design entwickeln? Was an dieser Wüsten-Improvisation ist ggf. vorteilhaft gegenüber der Software-Handhabung?
  • Machen Sie sich ein Bild. Nutzen Sie z.B. Fotos, Beschreibungen, Kunstwerke, Literatur etc., um sich sowohl in die Situation ohne das Produkt hinein zu versetzen, aber auch in die Situation von Nutzern: Vielleicht versuchen sie einfach selbst mal, mit dem z.B. Grafikprogramm, das Sie verkaufen, eine Grafik zu erstellen!

Vorgehen:

Reine machen

Die Tipps (oben) dienen im Ideenentwicklungsprozess als Inspiration, denn das nicht naive Wissen von Fachleuten hat natürlich extreme Vorteile, die man dann bei der Ideenentwicklung auch nutzen sollte. Man überträgt die „naiven“ Vorstellungen und die Vorteile von Improvisation, sowie die Ärgernisse beim Selbsttest des eigenen Produktes auf ein z.B. Plakat / eine Metaplanwand (gerne mit Karikaturen zu den Problemen bestückt!), um es im Überblick zu haben.

Zur Durchführung der Technik ist es hilfreich, wenn man tatsächlich einen großen leeren Tisch zur Verfügung hat. Man kann auch den Tisch zuvor mit Bildern und Gegenständen füllen, die für das vorhandene Produkt stehen und die erste Handlung in einem z.B. Ideenworkshop besteht darin, den Tisch gemeinsam leer zu fegen und zu reinigen (unterschätzen Sie nicht die Wirkung symbolischer Rituale!). Vielleicht findet der Workshop auch in einem leeren aber nicht renovierten Raum statt, der als erste Handlung weiß gestrichen wird. Oft fangen Künstler ein neues Thema so an, dass sie erst einmal aufräumen, sich vom alten Ballast befreien und die Atelierwände wieder weiß streichen.

Vielleicht haben Sie auch schon selbst festgestellt, dass man oft nach einem Umzug in der neuen Wohnung Dinge anders handhabt als zuvor in der alten Wohnung. Mindestens sollte so eine Tabula rasa – Ideenentwicklung daher in anderer Umgebung stattfinden und nicht im üblichen Unternehmens-Konferenzraum, gerne auch in einer ungewöhnlichen Umgebung.

Vision

Fangen Sie zuerst mit dem Großen und Ganzen an, einer Vision Ihres neuen Produktes, die gerne überzogen ambitioniert sein darf. Alles, was schon ins Detail geht, ist in der Anfangsphase der Ideenentwicklung verboten. Wie sähe der „große Wurf“ aus? Lassen Sie sich und Ihrem Team genug Zeit, um die große Vision zu entwickeln und auszuschmücken und entwickeln Sie die Ideen dann ausgehend von der vielversprechendsten Vision, inspiriert von den Vorstellungen der „Naiven“ (siehe oben). Entwickeln Sie es noch einmal ganz von vorne!

Kompromiss

Natürlich möchte man die treuen Nutzer nicht vollends vergraulen. Im nächsten Schritt überprüfen Sie anhand der Vision, was Sie von dem bisherigen Produkt übernehmen können, bzw. nur leicht modifizieren müssen, damit es passt. Man muss ja nicht alles über Bord werfen, das schon gut war. Daraus wird dann schließlich ein neues Gesamtkonzept entwickelt.

Advocatus Diaboli

Der Advokat des Teufels ist ein echter Pessimist. Er macht alles schlecht, noch schlechter als es ist. In dieser Technik, die als kleines Rollenspiel durchgeführt wird, nimmt er einerseits Partei für die Persona (also die Zielgruppe), übertreibt das Negative aber viel stärker und sucht auch ein Haar in der Suppe, in der keines zu finden ist. Er sucht regelrecht nach allen Möglichkeiten, die er kritisieren kann.

Es handelt sich um ein Rollenspiel, das z.B. in Co-Innovation Workshops durchgeführt werden kann und bei dem die Teilnehmer verschiedene Rollen einnehmen und in dieser Rolle miteinander diskutieren …

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Neben dem Advokat kann es noch zwei weitere Rollen geben. Es ist aber auch möglich, nur den Advokaten zu spielen. Die Technik eignet sich besonders gut, wenn bereits Ideen entwickelt wurden, die jetzt noch einmal ganz kritisch auf ihren Optimierungsbedarf geprüft werden sollen, um dann Optimierungsideeen zu entwickeln.

Als zweite Rolle gibt es noch die Persona (Repräsentant der Zielgruppe, siehe auch InsightArt Prozess / Visualisierung). Sie kann im Rollenspiel den Advokat unterstützen, wenn sie den Eindruck hat, er könnte Recht haben. Sie kann ihm aber auch widersprechen, wenn sie der Ansicht ist, das Problem, das er nennt, ist nicht so relevant. Es sollte aber auf keinen Fall in eine Für- und Wider-Diskussion ausarten, da man damit viel Zeit verschwenden kann, ohne konstruktiv Ideen entwickelt zu haben. Die Teilnehmer, die die Rolle der Persona spielen, sollten sich mit den Ergebnissen der Konsumentenforschung und der Zielgruppe besonders gut auskennen.

Als weitere Rolle gibt es noch den Schlaumeier. Dieser versucht ad hoc Lösungen für die vom Advokat genannten Probleme zu finden. Die Persona darf hierbei auch gerne den Schlaumeier unterstützen. Teilnehmer, die die Rolle des Schlaumeiers spielen, sollten – wenn möglich – besonders geübte Kreative sein.

Damit die Advokaten genug Stoff zum kritisieren haben, kann man ihnen auch vorher etwas Zeit geben, mögliche Mängel oder auch scheinbare aufzufinden. Dann geht das Rollenspiel los. Die Advokaten fangen jede Runde an. Ideen zur Beseitigung der Probleme entwickelt man dann entweder mit einer anderen Optimierungstechnik oder man kann hier auch gängige Techniken wie Brainstorming oder Brainwriting benutzen.

StarTrek-View (von Arno Dirlewanger)

Hier handelt es sich nicht im engen Sinn um eine Kreativtechnik zur Entwicklung von Ideen, sondern der StarTrek-View kann auch bei der Ideenbewertung oder in Meetings eingesetzt werden. Die Technik eignet sich auch sehr gut für die Optimierung von Ideen und ganz besonders dafür, ungewöhnliche, irreal scheinende Ideen (wie sie mit dem Schlüssel Ideal-Fiktion oft entstehen), nicht zu schnell zu verwerfen oder auf ein realisierbares – und langweiliges – Maß einzudampfen. 

Die Teilnehmer schlüpfen entweder nacheinander in verschiedene Rollen, oder es werden Teams gebildet (oder einzelne Teilnehmer), die permanent die Sichtweise einer Rolle übernehmen. 

  • Mister Spock: Er findet alles Neue grundsätzlich interessant und fragt eher: „Warum eigentlich nicht?“
  • Engineer Scotty: Er denkt über Lösungen nach: „Das könnte gehen, wenn man …“
  • Captain Kirk: Er ist eher der Macher nach Abwägung der Chancen und Risiken: „Wir probieren das mal!“

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Auch hier wirkt – wie beim Advocatus diaboli – das Versetzen in eine andere Rolle dabei, sich so weit als Person von seinen eigenen Ideen zu distanzieren, dass es leichter fällt, auch Ideen zu nennen, für die man von den anderen Teilnehmern möglicherweise für einen „Spinner“ gehalten wird. Die drei Rollen erlauben unterschiedliche Sichtweisen und beleuchten unterschiedliche Aspekte.

Für Spock ist alles interessant. Er tut Ideen nicht als „Unsinn“ ab, sondern betrachtet sie unter der Prämisse: Warum eigentlich nicht? Das macht offen dafür, der Idee überhaupt erst einmal eine Chance zu geben und das aus ihr heraus zu holen, was an ihr interessant ist. Das voreilige Urteil „Unsinn“ wird so zumindest noch einmal überdacht.

Dann folgt Scotty mit dem Satz: „Das könnte gehen, wenn…“ und regt damit die Suche nach möglichen Lösungen an, man ist regelrecht gezwungen, Lösungen zu entwickeln, weil „Das könnte gehen …“ schon voraussetzt, dass es eine Lösung gibt. Captain Kirk ist zwar der Realist. Er nimmt aber auch die Chancen und Risiken in den Blick und ist bereit, es einfach mal auszuprobieren.

(Die Technik basiert auf der Science&fiction Innovationsmethode von Arno Dirlewanger)

Problembehandlungen

Hier werden Probleme mit verschiedenen Arten von Problembehandlungen angegangen. Mit dieser Technik werden die Probleme nicht unbedingt gelöst, sodass sie sich auch besonders gut für Probleme eignet, für die man keine gute Lösung findet. Zuerst muss man die kreative Aufgabe als Problem formulieren. Man kann die Gesamtproblematik auch zuerst in Einzelprobleme aufsplitten, um sie erst einzeln zu lösen und später die Einzellösungen zusammen zu fassen. Dabei können sich auch neue Probleme ergeben, wenn die Einzellösungen nicht zusammen passen oder sich widersprechen.

Die Übung bietet sich auch für eine spätere Phase der Ideenentwicklung an. Hat man bereits Grundideen entwickelt, sie bewertet und im Bewertungsprozess heraus gestellt und gesammelt, welche Probleme diese neuen Ideen verursachen könnten, kann man diese Probleme versuchen mit der Problembehandlung zu lösen und so die Ideen weiter zu optimieren und der Realisierbarkeit näher zu bringen. Grundsätzlich funktioniert die Technik aber auch, um neue Ideen zu entwickeln.

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Folgende Fragen (kann natürlich auch noch ergänzt werden und sollte – je nach Thema – angepasst werden) kann man stellen:

  • Umweg: Kann man etwas entwickeln/ installieren mit dem man das Problem umgehen kann?
  • Sollbruchstelle: Wenn das Problem an der Stelle, wo es auftaucht, besonders brisant ist, könnte man es an eine andere Stelle verschieben, wo es weniger brisant ist?
  • Nicht mein Problem!: Gibt es eine Möglichkeit, das Problem (von sich / vom Thema) abzuwälzen, auf andere / anderes zu verschieben?
  • Warum Problem? Kann man das Problem so umdeuten, dass es keins mehr ist / als keins mehr erscheint oder sogar positiv wirkt?
  • Problemersatz: Könnte man das Problem durch ein anderes Problem ersetzen, das weniger schlimm ist, bzw. erträglicher?
  • Problemzerlegung: Kann man ein großes Problem so zerlegen, dass es mehrere kleine Probleme werden, die weniger auffallen?
  • Wo ist das Problem? Kann man das Problem so verstecken / vertuschen / verschleiern, dass es nicht mehr oder kaum noch bemerkt wird?
  • Problembesänftigung: Kann man Unterstützendes anbieten / hinzu fügen, das das Problem abmildert? Kann man Unbehagen Erzeugendes / Konfliktbeladenes durch irgendetwas „harmonisieren“ (siehe auch Waage)?

Folgende Fragen passen auch zu anderen Schlüsseln:

  • Problemlösungs-Variation: Gibt es bereits Lösungen für dieses Problem (z.B. von der Konkurrenz), die man variieren kann?
  • Problemlösungs-Alternative: Gibt es bereits vorhandene / gefundene Lösungen (auch Lösungen aus ähnlichen anderen Bereichen, z.B. anderen Branchen),  die man alternativ anwenden kann?
  • Problemlösungs-Metapolation: Kann man das Umfeld / den Kontext des Problems verändern (z.B. andere Zielgruppe, andere Situationen etc.), sodass das Problem verschwindet?

Man kann die Optimierung auch noch aus einer anderen Richtung angehen, indem man nicht das Problem als Ausgangsbasis formuliert, sondern den optimalen, gewünschten Zustand und darauf dann folgende Fragen bezieht:

  • Wunschannäherung: Was liegt auf dem Weg zum Wunsch, was sich leichter erfüllen lässt?
  • Wunschbarriere: Wie kann man die Barrieren, die der Erfüllung des Wunsches im Weg stehen, beseitigen oder umgehen oder im Vorfeld vermeiden?
  • Wunschvereinfachung: Wie kann man einen großen Wunsch auf kleinere Teilwünsche herunter brechen, die sich leicht erfüllen lassen?
  • Wunschverschiebung: Ist die Erfüllung des Wunsches im gewünschten Bereich nicht möglich oder zu schwierig, wie kann man den Wunsch in einem anderen Bereich erfüllen (z.B. mithilfe eines Service, statt Hardware)?
  • Wunschillusion: Wie / Womit kann man den Eindruck / die Illusion schaffen, dass der Wunsch erfüllt wird oder zumindest in Richtung Erfüllung geht?
  • Wunschersatz: Lässt sich dieser Wunsch nicht erfüllen, welcher andere / ähnliche Wunsch lässt sich stattdessen erfüllen?
  • Wunschergänzung: Kann man bei einem bestehenden Angebot oder Prozess etwas hinzufügen, eliminieren, vorlagern oder nachlagern etc. um den Wunsch zu erfüllen?
  • Wunschumweg: Kann man etwas anbieten, das den Wunsch zumindest indirekt erfüllt?
  • Wunsch-Variation: Gibt es bereits Lösungen zur Erfüllung des Wunsches (z.B. von der Konkurrenz), die man variieren kann?
  • Wunsch-Alternative: Gibt es bereits vorhandene / gefundene Lösungen (auch Lösungen aus ähnlichen anderen Bereichen, z.B. andere Branchen) zur Erfüllung des Wunsches, die man alternativ anwenden kann?
  • Wunsch-Metapolation: Kann man das Umfeld / den Kontext so verändern (z.B. andere Situationen etc.), sodass der Wunsch erfüllt wird?

Tipp

Wörtlich/bildlich nehmen: Bei der Entwicklung von Ideen kann es helfen, die Fragestellung wortwörtlich oder bildlich zu nehmen, z.B.: Wie sehen typische Umwege aus? Ein kleiner Umweg, der jedoch sogar beschleunigend wirkt, ist z.B. ein Kreisverkehr anstelle einer Ampel. Zum bildlich nehmen helfen auch Visualisierungen oder das Betrachten von passenden Fotos. Kann man beim z.B. „verschieben“ tatsächlich irgendetwas praktisch verschieben? Um hier noch mehr Optionen zu haben, kann man auch für die oben verwendeten Begriffe Synonyme ausprobieren, z.B. „Grenze“ oder „Mauer“ anstelle von „Barriere“ und versuchen, ob man hier beim wörtlich oder bildlich nehmen noch weitere Ideen finden kann.

Denkfallen

Hier geht es streng genommen nicht um eine Kreativtechnik, sondern darum, mit der Kenntnis typischer menschlicher Denkfallen, nicht in diese hinein zu tappen und dadurch auf ungewöhnlichere Lösungen zu kommen, oder auch Probleme zu lösen, die zunächst unlösbar erscheinen. Die Beispiele stammen aus der psychologischen Problemlösungsforschung und sind teilweise sicher auch bekannt.

Die Auflistung der typischen Denkfallen kann man im Problemlösungsprozess als eine Art Blaupause verwenden, indem man sich für jede Denkfalle kritisch fragt: Bin ich in diese Falle getappt? Welche Möglichkeiten habe ich, wenn ich auf diese Falle nicht hereinfalle?

Die Liste im Folgenden mit 10 typischen Denkfallen ist sicher nicht vollständig. Man kann sie auch, bevor man anfängt, noch ergänzen um weitere Denkfallen, die man z.B. aus der eigenen Praxis kennt.

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  1. Zu gute Erinnerung: Bei einer Aufgabe bestand die Problemlösung darin, dass man eine vorhandene Zange nicht als Werkzeug, sondern als Pendel benutzen musste. Teilnehmer, denen man kurz vorher eine andere Aufgabe gestellt hatte, bei der sie die Zange ganz normal als Zange benutzen mussten, hatten mehr Schwierigkeiten, sie in der zweiten Aufgabe als Pendel zu benutzen, als die Kontrollgruppe, bei der die Benutzung der Zange als Zange zwar sicher auch bekannt war, aber sie dies nicht unmittelbar vorher ausgeführt haben. Eine gute Erinnerung kann also eine Denkfalle sein. Das spricht z.B. dafür, öfter Mal eine längere Pause zu machen und zur Ablenkung etwas ganz anderes zu machen.
  2. Funktionale Gebundenheit: Folgende Aufgabe: Vorhanden sind 3 Streicholzschachteln, 3 Kerzen, Streichhölzer und 3 Reißzwecken. Die Aufgabe besteht darin, die Kerzen an eine Holztür zu befestigen. Das geht, wenn man die Schachteln mit den Reißzwecken an der Tür befestigt und die Kerzen mit einer Streichholzflamme anschmilzt und in die Schachteln klebt. Lagen die Schachteln geöffnet und ohne Inhalt auf dem Tisch und die Reißzwecken und Kerzen ebenfalls, fiel die Lösung den meisten eher leicht. Besonders schwer war es, wenn die Gegenstände sich in der Ausgangssituation in den Schachteln befanden. Neue Lösungen sind offenbar einfacher zu finden, wenn Dinge nicht im alltäglichen Zusammenhang / in ihrer alltäglichen Funktion (Schachteln in ihrer Funktion als Schachteln) auftauchen. Man nennt das auch: „Funktionale Gebundenheit“. Also erst einmal alles auspacken und auseinander nehmen und möglichst weit weg vom gewohnten Zusammenhang bringen. Vielleicht hilft es auch, wenn man Dinge auf den Kopf stellt oder sie aufhängt, wenn sie normalerweise eher liegen etc.
  3. Gute Gestalt: siehe dazu das Beispiel a im Bild (macht man i.d.R. mit Streichhölzern). Um die Aufgabe mit den römischen Zahlen zu lösen, muss man das X (römisch 10) auseinandernehmen. Kurzfristig bleibt dann ein schräger Strich. Unsere Wahrnehmung mag sog. „Gute Gestalten“ (der Ausdruck stammt aus der „Gestaltpsychologie“), also Strukturen oder Figuren die in sich ausgewogen erscheinen, stabil wirken und den Eindruck erwecken, als seien sie vollständig und nicht nur ein abgeschnittener Teil von etwas Ganzem. Das X ist eine sehr gute Gestalt, ausgewogen, stabil. Der schräge Strich, der zwischenzeitlich verbleibt, ist keine gute Gestalt und das V (römisch 5) als Lösung ist zwar dann wieder besser, aber weniger stabil als das X. Wir haben hier regelrecht Skrupel, eine gute Gestalt zugunsten einer schlechten zu zerstören. Hier sieht man, dass an dem Ausdruck „schöpferische Zerstörung“ viel Wahres dran ist. Man sollte also seine Skrupel überwinden und auch zeitweise Chaos aushalten können.
  4. Aufmerksamkeitsfokus: Soll man ein Problem lösen, konzentriert man sich in der Regel voll und ganz auf den Kern des Problems. Das ist auch meistens richtig, aber eben nicht immer. Bei der Aufgabe: Wie bestrahlt man am besten einen Tumor, ohne zu viel gesundes Gewebe zu zerstören, ist die Lösung: Man bestrahlt es mit leichter Strahlung von allen Seiten. Die Strahlen bündeln sich im Tumor. Wird die Aufmerksamkeit der Versuchspersonen nicht auf den Tumor gelenkt, sondern auf das Gewebe drum herum (indem z.B. das Gewebe auf einer Abbildung auffällig rot dargestellt ist), fällt die Lösung der Aufgabe leichter. Man sollte also die Aufmerksamkeit auch mal vom Kernproblem lösen und auf Umliegendes oder auf Nebenaspekte richten.
  5. Selbst auferlegte Regeln und Grenzen: siehe hier die Abbildung b. Es handelt sich um 8 Münzen und die Aufgabe lautet, dass man nur zwei Münzen bewegen darf, um als Ziel zu erreichen, dass jede Münze drei andere Münzen berührt. Hat einer in der Aufgabe gesagt, dass die Münzen dazu flach auf dem Tisch liegen bleiben müssen? Nein! Wir gehen aber trotzdem gerne automatisch davon aus, dass es ungültig ist, wenn man die Münzen aufeinander legt, was dann aber die Lösung ist. Man sollte also immer genau überlegen: Was ist die Aufgabe und was ist in der Aufgabenstellung wirklich verboten und welche Verbote bildet man sich nur ein?
  6. Zwischenschritte / Umwege: Am liebsten haben wir es, wenn wir auf direktem Weg zur Lösung kommen. Wir sind dabei oft so sehr auf den direkten Weg fokussiert, dass der Blick für mögliche Umwege versperrt ist. Im Beispiel, Bild c, soll die Fläche (erstes Bild) berechnet werden, also die Fläche aus zwei komischen Dreiecken und einem komischen Parallelogramm. Man sieht nicht, dass es sich eigentlich um zwei leicht verschoben übereinanderliegende Dreiecke handelt. Verschiebt man diese, bevor man versucht über den direkten Weg die Aufgabe zu berechnen, hat man ein simples Rechteck, das sich ganz leicht berechnen lässt. Man sollte also immer überlegen, ob sich die Problem- Situation vielleicht anders organisieren / umstrukturieren lässt, um die Lösung einfacher zu machen.
  7. Was ist das Problem? Ähnliches gilt für das Problem. Auch Probleme werden manchmal dadurch viel einfacher, indem man sie umformuliert. Dazu muss man genau überlegen, worin der Kern des Problems liegt (in die „Natur“ des Problems tief eintauchen).
  8. Ökonomie / schneller Fortschritt: Das 9-Punkt-Problem, siehe Bild d, ist vermutlich den meisten bekannt (Aufgabe: Verbinde die 9 Punkte mit 4 zusammenhängenden Strichen, ohne den Stift zwischendurch abzusetzen). Hier gibt es gleich mehrere Probleme. In der Regel geht man davon aus, dass es hier vor allem die selbst auferlegten Grenzen sind (s.o), die die Lösung so schwer machen. Man glaubt, man dürfe nicht über die selbst imaginierten Grenzen der 9 Punkte hinaus. Es gibt hier aber noch eine andere Denkfalle: Diese Aufgabe fängt man am besten an, indem man zuerst nur die beiden Punkte links unten mit einem Strich verbindet. Man möchte aber am liebsten schon mit dem ersten Strich möglichst viele Punkte „einkassieren“, in dem Glauben, dass es dann leichter wird mit den verbleibenden 3 Strichen den Rest einzufangen. Das ist im Grunde ökonomisches Denken und in vielen Fällen positiv, aber eben manchmal auch hinderlich. Also auch mal in Kauf nehmen, am Anfang nur eine geringe Ausbeute zu haben. Zusätzlich haben wir bei dieser Aufgabe auch das Problem mit der „Guten Gestalt“ s.o. Man mag lieber senkrechte und waagerechte Striche ziehen als diagonale und am liebsten alle gleich lang. Betrachtet man die Form, die von den 4 roten Verbindungslinien erzeugt wird, ist das keine besonders „Gute Gestalt“.
  9. Lösung im anderen Bereich: Wir hängen auch gerne an imaginären Grenzen fest, wenn es um Bereiche oder Themenfelder geht. Ein chemisches Problem muss auch chemisch gelöst werden und ein physikalisches Problem physikalisch? Wie kann man aus 8 Streichhölzern 6 machen, ohne welche weg zu nehmen? Man schreibt mit den Streichhölzern das Wort „six“! Gibt es ein Problem mit einem Produkt, kann man dieses Problem vielleicht auch mit einer Dienstleistung lösen, oder ein Hardwareproblem mit Software. Auch hier ist es wichtig, sich nicht von imaginierten Grenzen einschränken zu lassen.
  10. Hingucken!: Klar, das ist ein Stuhl, kenn ich doch, muss ich mir nicht näher anschauen, sieht doch aus wie jeder Stuhl! Kreatives Denken ist zu einem großen Teil sinnliches Denken. Es kommt also darauf an, aufmerksam wahrzunehmen. Warum entdecken manche Leute nahe liegende Lösungen und andere nicht? Weil sie genau gucken! Sog. „Anregungen von unten“ bekommt man, wenn man sich nicht nur das Problem selbst genau anschaut, sondern auch das Umfeld.